Was früher im Abfall landete, wird im OFFCUT Basel sortiert, aufbereitet und verkauft – als Ausgangspunkt für Neues. Der Materialmarkt ist kein Brockenhaus, sondern kreative Plattform, Netzwerk und Inspiration zugleich. Co-Leiterin Simone Steinegger und ihr Team bringen damit Kreislaufwirtschaft niederschwellig in den Alltag.
Ein Markt, der Reste in Potenzial verwandelt
Als Simone Steinegger, unser Kreislauf-Kopf des Monats, von einer längeren Reise zurückkam, fand sie im OFFCUT eine Vision, die sie sofort verstand: Hier gibt es einen Ort für Materialien, die sonst niemand mehr will – und einen Raum für Ideen, die daraus entstehen.
Das Modell OFFCUT startete 2012 in Basel und zieht inzwischen Kreise. Es gibt weitere eigenständige Materialmärkte in Zürich, Frauenfeld, St. Gallen und Bern. Mit der OFFCUT Genossenschaft besteht eine nationale Netzwerkorganisation, um Synergien zu nutzen.
Die Materialmärkte nehmen Rest- und Überschussmaterialien aus Industrie, Ateliers, Theaterhäusern und privaten Haushalten entgegen, sortieren sie und bereiten sie auf und bieten sie dann zu fairen Preisen der Kundschaft an. (Einen Eindruck vom OFFCUT Basel erhältst du in unserem Video-Spotlight.) Der Markt ist für Kulturschaffende, Handwerker:innen, Studierende und Tüftler:innen ein wahres Schlaraffenland.
Materialbewusstsein kombiniert mit einem lebendigen Netzwerk
Hinter dem Prinzip von OFFCUT steckt ein zentraler Perspektivenwechsel, der für eine Reduktion des Materialverschleisses die Voraussetzung ist. Simone Steinegger beschreibt ihn so: „Früher suchte man ein Material für eine Idee. Heute beginnen wir beim Material – und entwickeln daraus die Idee.“
Damit dieser Grundsatz Kreise zieht, betreibt OFFCUT nicht alleine den Materialmarkt. Ergänzt wird das Angebot durch das Beratungskonzept im Laden: Fachpersonen aus diversen Kreativ- und Handwerksberufen – Kunst, Theater oder Grafik – helfen den Kund:innen, Materialien neu zu entdecken und zu verwenden. Ebenfalls ein wichtiger Hebel ist die Zusammenarbeit mit Schulen, Kitas und Hochschulen: schon Kinder lernen, was Wiederverwertung praktisch bedeutet, Studierende bauen die Materialien in ihre Arbeit ein.
Hinter OFFCUT steht eine ganze Community: von der Grossmutter mit ihrer Wollspende bis zur Architekturstudentin auf Materialsuche sind auch Grossspenden und viel Freiwilligenarbeit nötig. Die Community wird bewusst gepflegt, ohne sie geht es nicht.
Dass alle Teammitglieder selbstorganisiert gemäss ihren Rollen Verantwortung mittragen, mitbestimmen und alle den gleichen Lohnansatz haben, prägen das OFFCUT Basel entscheidend mit.
Kreislaufwirtschaft als gelebtes Netzwerk
Von einem Brockenhaus unterscheidet sich das OFFCUT Basgerade durch die zusätzlichen Angebote. Der Materialmarkt ist der Ausgangspunkt, aber Workshops, Events, Vermittlungsarbeit auch in Bildungsstätten und Firmen sind nicht wegzudenken.
OFFCUT Basel ist zudem Teil eines europaweiten Austauschs von Materialinitiativen – mit Standorten im ganzen deutschsprachigen Raum. Es geht dabei nicht primär um Wachstum, sondern um die Verbreitung der Idee: Das Material ist da, wir müssen nur lernen, es wieder zu verwenden.
Weniger Abfall, mehr Ideen
Das OFFCUT Basel blickt auf einen reichen Erfahrungsschatz:
- 13 Jahre Wiederverwertung statt Entsorgung
- Tausende Kilo Material, das weiterverwendet wurde
- Partnerschaften mit Institutionen wie Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK), Horgenglarus, Vitra, Christoph Merian Stiftung (CMS), Verein fürs Sozialpsychiatrie BL (VSP), Volksschulen etc.
- Gründung eines schweizweiten Netzwerks, das Wissen teilt und eine gemeinsame Vision verfolgt
- Einfacher Zugang zu Kreislaufdenken für Generationen von Kindern, Jugendlichen und Kreativschaffenden
Dies alles geht nur, weil viel Arbeit ehrenamtlich und auf Mindestlohnniveau geleistet wird. Unterstützung kommt von Spender:innen, Stiftungen, und nicht zuletzt: von der Community und dem Team selbst, die mit ihrer Überzeugung das Konzept tragen.
Vom Material zur Bewegung
Simone Steinegger und das Team von OFFCUT Basel zeigen, was passiert, wenn Kreislaufwirtschaft im Alltag einfliesst. Hier wird sie greifbar – im wörtlichen Sinn. Wer durch die Kisten wühlt, merkt schnell: Bei dieser Faszination geht es nicht allein um Material. Es geht um Grundhaltung und um ein Zukunftsbild, das von Kreativität geprägt ist. Simone Steinegger sagt es so: “Meine Hoffnung ist, dass die Welt durch die Wiederverwendung von Material bunter und individueller wird. Vielleicht ist dadurch dann nicht alles aalglatt, aber dafür einzigartig und charmant.”
Einen Augenschein vom OFFCUT Materialmarkt auf dem Dreispitz nimmst Du im Video-Spotlight:
Zur OFFCUT-Webseite geht’s hier lang.
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