André Podleisek und Nicolas Hofer, Autoren von “Circular Economy: The Next Level of Company Success”

Was Unternehmen schon heute für die Kreislaufwirtschaft tun – oft ohne es zu wissen.

Was bringt Kreislaufwirtschaft tatsächlich – und welche Strategien funktionieren in der Praxis? Dieser Frage sind Prof. André Podleisek, Nachhaltigkeitsbeauftragter an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, und Nicolas Hofer, Project Engineer Circular Economy & Sustainability am IPEK Institut für Produktdesign, Entwicklung und Konstruktion, gemeinsam mit einem interdisziplinären Forschungsteam nachgegangen.
In ihrer umfassenden Studie – dokumentiert im Buch „Circular Economy: The Next Level of Company Success“ (Springer, 2024) – analysieren sie zusammen mit Master-Studierenden über zehn zirkuläre Strategien in Unternehmen. Das überraschende Ergebnis: Viele Betriebe sind längst Teil der Kreislaufwirtschaft, nur nennen sie es nicht so.

Ein Gespräch über stille Strategien, reale Wirkung – und konkrete Schritte für KMU und Startups.

Viele Unternehmen denken, Kreislaufwirtschaft sei etwas für andere. Was zeigt Ihre Studie?

André Podleisek (AP): Unsere zentrale Erkenntnis: Zwei Drittel der befragten Unternehmen setzen bereits Kreislaufstrategien um. Auch der Rest setzt entsprechende Praktiken um, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Für viele ist Kreislaufwirtschaft noch gleichbedeutend mit Recycling oder einer Photovoltaikanlage auf dem Dach – das greift viel zu kurz.

Nicolas Hofer (NH): Ich war erstaunt, wie stark die Wahrnehmung vom Wording abhängt. Viele Unternehmen handeln längst nachhaltig – sie nennen es nur anders.
Als wir statt „Kreislaufwirtschaft“ gezielt nach konkreten Praktiken gefragt haben, war plötzlich klar: Reparatur, Wiederverwendung, Rücknahme, Materialeinsparung – das alles wird gemacht. Nur: Die Brücke zum Konzept “Circular Economy” fehlt oft.
Für mich war das ein Aha-Moment – und ein Aufruf zur besseren Kommunikation.

Welche Strategien haben sich in der Praxis besonders bewährt – auch wirtschaftlich?

AP: Ganz vorne liegen Reparaturangebote, Wiederverwendung und Designanpassungen in der Produktentwicklung. Recycling war erstaunlicherweise nicht die meistgenannte praktizierte Massnahme.
Und wichtig scheint mir zu sagen: Unternehmen, die zirkuläre Prinzipien ins Kerngeschäft integrieren, berichten deutlich häufiger von wirtschaftlichen Vorteilen – zum Teil verzeichnen sie sogar Gewinnsteigerungen trotz höherer Kosten.

NH: In der Analyse zeigte sich: Je strategischer die Integration, desto messbarer die Effekte. Neben höherem Umsatz,Profit und besseren Marge werden auch technologische Fortschritte als Vorteil genannt. Und das gilt über Branchen hinweg – von der Industrie bis zum Dienstleistungsbereich. Dazu kommt der Faktor Reputation: 86% der analysierten Unternehmen berichten von einem besseren Image durch Kreislauf-Massnahmen – und das kann gerade für KMU den Unterschied machen. 

Was raten Sie KMU und Startups, die sich jetzt mit Kreislaufwirtschaft befassen wollen?

AP: Das Wichtigste ist: konkret starten – mit dem, was zum Geschäftsmodell passt.
Will ich Prozesse effizienter machen? Dann geht es um Operational Excellence. Will ich neue Produkte entwickeln oder Services ausbauen? Dann braucht es Business Innovation. Unser Buch stellt dazu ein einfaches Tool vor – das Rapperswil Circular Economy Model. Es hilft Unternehmen, ihren Standpunkt einzuordnen und einen realistischen nächsten Schritt zu definieren.

NH: Viele glauben, sie müssten erst eine grosse Strategie entwickeln oder alles neu denken. Aber Kreislaufwirtschaft funktioniert auch modular.
Man kann mit einem Bereich starten – z. B. Verpackung, Reparatur, Rücknahmesystem – und darauf aufbauen. Was ich an unserem Modell besonders hilfreich finde: Es zeigt, wo man steht – und was realistisch erreichbar ist.
Das senkt die Schwelle für KMU oder Start-ups enorm. Denn es geht nicht um Perfektion, sondern ganz klar auch um kleine Schritte, die grosse Wirkung entfalten.


📗 Tipp zum Weiterlesen:

Das Buch „Circular Economy: The Next Level of Company Success“ ist bei SpringerLink erhältlich und bietet über zehn konkrete Strategien, viele KMU-taugliche Praxisbeispiele und ein Modell zur Selbsteinschätzung für Unternehmen.
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